Interview mit Bild.de

Woran erkenne ich, dass mein Darm richtig arbeitet?

Viel Obst und Gemüse und dazu regelmäßig Bewegung, aber es will einfach nicht klappen mit der Diät, die Pfunde kleben wie Kaugummi. Aber warum? Schuld könnte die Darmflora sein, in der die dickmachenden Bakterien überwiegen.

Firmicutes-Bakterien haben die Eigenschaft alles aus dem Essen rauszuholen, was möglich ist, auch die letzte Kalorie. Um Pfunde zu verlieren und eine gesunde Darmflora zu erreichen müssen schlankmachende Bakterien gezielt angesiedelt und gefördert werden, damit ein Gleichgewicht entsteht. Nur wie?

Bild.de: Welche Bedeutung hat der Darm für den Körper?

Der Darm ist das größte Organ, es liegt zentral im Körper und ist mit allen Zellen des Organismus verbunden – das gibt eigentlich schon die Antwort: Kein Organ kann den gesamten Körper so schädigen wie ein kaputter Darm!

Wie macht er das? Zum ersten ist der Darm verantwortlich dafür, dass die Nahrung so zerlegt wird, dass die guten Sachen daraus auch wirklich für unsere Zellen verwendet werden können. Und dass alles, was schlecht ist, auch schnell wieder ausgeschieden wird, also Krankheitserreger, toxische Substanzen wie das Spritzmittel am Obst oder der Emulgator aus dem Joghurt.

Zudem findet noch etwa 80 Prozent der gesamten Stoffwechselleistung im Darm statt und er beherbergt einen Großteil unserer Immunzellen. Außerdem ist dieses Organ auch noch der größte Hormonproduzent unserer Körpers. Mehr als 20 Hormone werden im Darm gebildet!

Billionen Bakterien sind im Darm angesiedelt und übernehmen den wesentlichen Teil überhaupt: die Kommunikation! Sie müssen sich das vorstellen wie ein riesiges Handynetzwerk im Körper, mit dem die Bakterien den Nachrichtendienst bis in die entferntesten Zellen übernehmen. Zuerst hat man nur gewusst, dass Nachrichten vom Darm über den Vagus-Nerv ins Gehirn gelangen und dort sagen, was Sache ist. Aber mittlerweile zeigt die Forschung, dass Darmbakterien Botenstoffe produzieren, die sie übers Blut bis hin in die letzte Zelle transportieren können. Und wer die Kommunikation beherrscht, der bestimmt auch was passiert.

Mag. Anita Frauwallner
Mag. Anita Frauwallner

Diese drei Punkte sind wesentlich:

  1. Am Aussehen und Geruch des Stuhls; der sollte – wenn der Darm gesund ist – gar nicht oder kaum riechen und wie eine ordentliche Wurst mit einer Haut aus Schleim darum aussehen.
  2. Immer dann wenn Sie Ihren Darm spüren, dann stimmt was nicht: also Blähungen, Schmerzen, Völlegefühl – das ist nicht alles in Ordnung!
  3. Sie sollten sich rundherum wohlfühlen! Wenn Sie sich müde, schlecht aufgelegt oder zerschlagen fühlen, dann ist vielleicht nicht Ihr Chef oder der eigene Partner daran schuld, sondern eher ein verwahrloster Darm, dem man zu lange keine Aufmerksamkeit geschenkt hat.

Bild.de: Woran erkenne ich, dass mein Darm nicht richtig arbeitet?

Bild.de: Wenn kurz nach dem Essen (20 bis 30 Minuten) Beschwerden auftreten, sind dann Unverträglichkeiten im Magen oder im Darm?

Jede Art von Beschwerden nach der Nahrungsaufnahme zeigt einfach, dass im Verdauungssystem etwas nicht stimmt. Das sollte man nicht in die einzelnen Organe trennen, sondern immer als Gesamtsystem sehen. Auf jeden Fall muss dies abgeklärt werden, wenn es nicht ab und zu auftritt, sondern regelmäßig. Und bitte nicht dem Arzt die Schuld geben, wenn er dann eine Darmspiegelung anordnet und dabei nichts entdeckt. Bakterien sind so winzig, dass man sie mit freiem Auge nicht erkennen kann – auch nicht bei der Magen- oder Darmspiegelung! Und selbst Entzündungen – weiß man heute – können sich so maskieren, dass sie oberflächlich nicht erkennbar sind. Man spricht dann von einer „stillen Entzündung“.

Bild.de: Was setzt dem Darm am meisten zu?

Ob man es glauben will oder nicht, den größten Schaden richten nicht, unsere veränderten Lebensmittel an, sondern unser Dauerstress! Dazu kommen dann noch die modernen Medikamente wie Antibiotika und Protonenpumpenhemmer (verhindern Bildung von Magensäure), die – so wichtig und lebensrettend sie sein können – bei Dauergebrauch zu einer massiven Veränderung der Darmflora führen.

Wenn dann noch Hektik dazu kommt, reagiert unser Körper mit Entzündungen im Darm – einfach als Alarmsignal an das Gehirn, um zu sagen: Achtung, bei uns läuft jetzt langsam alles aus dem Ruder.

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